Richtig Essen lehren
Interview mit Mitgliedern von PAN aus München
Die Physicians Association for Nutrition – PAN wurde 2018 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, Medizinstudierende und Ärzt*innen darüber aufzuklären, wie Ernährung als wirksames Instrument in der Behandlung ihrer Patient*innen eingesetzt werden kann.
Julius: Vielleicht könntet Ihr Euch nacheinander ganz kurz vorstellen, wie Ihr heißt, wo Ihr im Studium gerade seid und vielleicht wann Ihr zu der Gruppe gekommen seid.
Manu: Ich bin Manuela, bin 23 Jahre alt und aktuell im siebten Semester an der TU München. Bei PAN bin ich seit dem zweiten Semester und darauf gekommen bin ich durch die Vorlesungsreihe: »Iss Das!«, die PAN fast jedes Semester veranstaltet. Sie wird deutschlandweit angeboten und von Studierenden gemeinsam mit Expert*innen aus der Ernährungsmedizin organisiert. Damals hat mich das Thema persönlich sehr interessiert und ich bin über die Website von PAN auf die sogenannten PAN University Groups gestoßen. Zu der Zeit gab es in München gerade eine frisch gegründete Gruppe und seitdem engagiere ich mich bei PAN. Es war am Anfang zwar schwierig, da wir durch die COVID-Pandemie viel über Zoom machen mussten und wenig persönlichen Austausch in Präsenz hatten. Aber das hat sich in letzter Zeit sehr gebessert.
Julius: Also schon einige Zeit, die Du da bist. Zweieinhalb Jahre dann, oder? Und Lukas?
Lukas: Ja, hi, ich bin Lukas und 29 Jahre alt. Ich habe ursprünglich Gesundheits- und Krankenpflege gelernt und fünf Jahre als Pfleger gearbeitet und dann mich für das Medizinstudium entschieden. Im Rahmen meiner Arbeit als Pfleger auf einer kardiologischen Station, habe ich mich sehr für Ernährung interessiert. Indem ich meine Ernährung selbst komplett umstellte, konnte ich einiges an Körpergewicht abnehmen. Zu Beginn des Studiums hoffte ich, dass ich dann gleich zu dem Thema Ernährung Input bekommen würde. Das war leider nicht der Fall, auch wenn man beispielsweise in der Biochemie sehr viel darüber lernen könnte. Nachdem ich einen Podcast von Amboss mit einem der Gründer von PAN über Ernährung in der Medizin gehört habe, bin ich Anfang 2020 zur der University Group in München gestoßen. Gemeinsam mit einer Kommilitonin gründete ich dann an der LMU ebenfalls eine PAN-Gruppe.
Julius: Manu, vielleicht könntest Du nochmal PAN insgesamt vorstellen?
Manu: PAN ist ein gemeinnütziger Verein, der 2018 in München gegründet wurde und der seinen Sitz auch noch immer in München hat. Der Name steht für Physicians Association for Nutrition. Eines der Ziele von PAN ist es, eine nachhaltige und pflanzenbasierte Ernährung und das Wissen darüber im medizinischen Curriculum, also unter Studierenden, zu verankern. Zudem sollen Menschen in medizinischen Berufen fortgebildet, aufgeklärt und sensibilisiert werden. Ursprünglich wurde der Verein in Deutschland gegründet, aber mittlerweile gibt es Ableger u.a.in der Schweiz, in den USA und Südafrika. Themen sind Ernährung im Krankenhaus, Nachhaltigkeit und eine pflanzenbasierte Ernährung. Zusammenfassend könnte man sagen, ist die Vision, Ernährung den Stellenwert einzuräumen, den sie in der Prävention und Kuration von Erkrankungen haben kann.
Julius: Ihr beide seid jetzt ehrenamtlich aktiv in München. Wie sieht denn die Arbeit so aus?
Lukas: Die Vorlesungsreihen werden von PAN organisiert und wir sind dann für die Kommunikation zwischen der Universität und dem Verein zuständig und dafür, dass die Teilnehmenden alle wichtigen Informationen erhalten. Als Arbeitskreis treffen wir uns zudem regelmäßig während des Semesters. Da haben wir fixe Termine, an denen wir uns zweimal im Monat treffen und über Organisatorisches und weitere Veranstaltungsideen sprechen. Außerdem organisieren wir auch Wissens-Events für unsere Gruppe, zu denen wir Ernährungsmediziner*innen einladen. Und dann gibt es sogenannte Spaß-Events, bei denen wir gemeinsam kochen, essen und über bestimmte Themen sprechen.
Julius: Wie groß ist die Gruppe aktuell in München? Ist PAN nur für Medizinstudierende?
Lukas: In unserer Gruppe sind wir derzeit 38 Mitglieder und wir sind nicht nur Medizinstudent*innen, sondern auch Student*innen aus anderen Fachbereichen.
Manu: Aktuell, glaube ich, sind wir Ernährungswissenschaftler*innen und Mediziner*innen. Das Problem dabei ist, zwischen aktiven und inaktiven Mitgliedern zu unterscheiden. Bei unseren Präsenztreffen sind wir ca. 15 Leute. Je nach Semester- oder vor allem Klausurenphase variiert die Gruppengröße. Im festen Kern sind wir 7 bis 10 Leute, die ständig verlässlich dabei sind und auch teilweise schon sehr lange.
Julius: Noch mal zum Medizinstudium: Ihr habt ja beide gesagt, dass das Thema Gesundheit und Ernährung da nahezu gar nicht vorkommt, weder als eigenes Fach, noch in den anderen Fächern. Wie schätzt Ihr denn das Interesse von anderen Medizinstudierenden ein? Also denkt Ihr, dass da insgesamt ein Interesse da ist und es einfach zu wenig Angebote gibt?
Manu: Meiner Einschätzung nach: ja. Bei den meisten Mitstudierenden, mit denen ich rede, herrscht Interesse; aber teilweise auch Unsicherheit, wie man das Thema angeht, wie man das kommuniziert. Oft kursiert auch viel Halbwissen. Da ist es einerseits wichtig, das Angebot zu schaffen, andererseits auch zu vermitteln, wie man das richtig kommuniziert. Das Thema Ernährung kann ja doch ein sehr individuelles Thema sein, bei dem sich Menschen schnell in ihrem persönlichen Ermessens- oder Entscheidungsspielraum angegriffen fühlen. Das ist ein Thema, was viele meiner Mitstudierenden auch bemerken, wo sie auch ansetzen wollen, aber teils einfach nicht wissen, wie. Wir hatten dieses Semester eine interdisziplinäre Vorlesung. Dort hatten wir genau eine Vorlesung zum Thema Ernährung. Die war zwar gut, aber eineinhalb Stunden decken nicht das ab, was man vermitteln sollte in der medizinischen Lehre. Da sehe ich noch viel Aufholbedarf.
Julius: Lukas, wie siehst Du das?
Lukas: Ich würde noch folgendes ergänzen: Wir sind fast Tausend Medizinstudent*innen pro Jahrgang in München und sind jetzt aktuell mit den 38 mal aktiven, mal inaktiven Mitgliedern verhältnismäßig wenige. Da das Thema Ernährung im Studium kaum besprochen oder thematisiert wird, vermute ich, dass viele gar nicht auf die Idee kommen, das könnte interessant oder klinisch wichtig sein.
Julius: Habt Ihr denn einen Austausch oder Bezugspunkte zur Lehre?
Lukas: Wir sind als Arbeitskreis an der LMU ein Teil der Fachschaft. Die Arbeitskreise gehören dazu und werden von der Fachschaft auch finanziell unterstützt. Insofern haben wir auch die Möglichkeiten, über das Portal und über die Fachschaft Werbung für unsere Veranstaltungen zu machen.
Julius: Seid Ihr da auch in Kontakt mit den Fakultäten? Also z.B. die Fakultät für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin?
Lukas: Also ich nicht.
Manu: Wir sind zwar eine Hochschulgruppe aber keine Fachschaftsgruppe. Die Fachschaft in München möchte nämlich unabhängig von Vereinen sein. Die andere Sache ist, dass es an der TUM tatsächlich ein Institut für Ernährungsmedizin gibt, das auch aktiv ist. Mit denen haben wir zwar immer wieder versucht, in Austausch zu treten. Das funktioniert mal mehr, mal weniger.
Julius: Gibt es denn andere Gruppen, mit denen Ihr zusammenarbeitet oder einen Austausch habt?
Lukas: Wir haben ein Mitglied, das bei Wissenshunger ist. Das ist eine Organisation, die in Schulen Aufklärung über gesunde Ernährung anbietet. Außerdem sind wir im Austausch mit Health for Future und bemühen uns, mit weiteren Gruppen in Kontakt zu treten, die gleiche Vorstellungen haben wie wir zum Thema Ernährung.
Julius: PAN bemüht sich, eine nachhaltige und vegetarische Ernährung zu verbreiten. Der Tagessatz von Hartz IV oder Arbeitslosengeld für Ernährung pro Tag sind 5,19 Euro. Es ist wahrscheinlich sehr schwer, mit dem Geld auf eine gesunde Ernährung zu achten. Gibt es denn bei PAN eine Perspektive oder eine Auseinandersetzung mit dieser sozialen Komponente von Ernährung?
Manu: Ich glaube schon, aber im Rahmen unserer PAN University Group primär nicht. Ich persönlich denke aber, dass man an den Wurzeln des Problems anfangen und schauen muss, dass die Versorgungskette so aufgebaut ist, dass gesunde und pflanzenbasierte Ernährung finanzierbar und kein Luxus ist. Auch in Bezug auf Krankenhausernährung gilt das. Es ist leider so, dass momentan finanzielle Aspekte oftmals die wichtigere Rolle spielen. Es muss aber finanziell genauso gut möglich sein, eine ressourcenschonende, gesunde, pflanzenbasierte Ernährung bereitzustellen, denn nur das ist auch gesundheitlich gesehen nachhaltig und sowohl für präventive als auch kurative Zwecke das Zielführende.
Lukas: Wenn wir uns als Gruppe treffen, ist das auch öfters mal ein Thema. Letztens haben wir uns darüber unterhalten, dass die Politik aktuell noch gesundheitsschädliche Lebensmittel subventioniert, wie zum Beispiel Kuhmilch, aber Hafermilch nicht.
Julius: Inwieweit prägt denn die Gruppe Euch auch hinsichtlich Eurer Berufsvorstellung? Oder hat die Gruppe auch Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Ihr auf Patient*innen zugeht?
Lukas: Also bei mir auf jeden Fall. Ich habe zuletzt eine Famulatur in einer allgemeinmedizinischen Praxis gemacht und habe dann bei einigen Patient*innen nachgefragt, wie es bei Ihnen bei der Ernährung ausschaut. Außerdem habe ich im Gespräch versucht, mehr auf das Thema einzugehen. Und das nehme ich mir zukünftig weiter vor. Ich könnte mir auch vorstellen, später dann als Arzt – aktuell ist es ja noch keine eigene Fachrichtung – die Weiterbildung zum Ernährungsmediziner zu machen.
Manu: Ich habe persönlich gemerkt, wie viel mehr ich darauf achte, wie Ärzt*innen, mit denen ich Kontakt habe, das Thema kommunizieren und angehen und was da verschiedene Lösungsansätze sein können. Und es ist spannend zu beobachten, welche Herangehensweisen zielführend sind. Wenn ich zurückdenke, gibt es sowohl negative als auch positive Beispiele.
Julius: Was steht denn für Euch als Gruppe dieses Jahr so an? Gibt es irgendwelche Termine, die man sich schon merken muss?
Manu: Also wenn man mal von der großen Perspektive anfängt, gibt es im Sommersemester wieder eine »Iss Das!«-Reihe. Die wird bestimmt wieder sehr cool, war es bis jetzt immer und ist wirklich empfehlenswert. Und ansonsten als PAN University Group freuen wir uns schon auf viele Picknicks im Englischen Garten. Und wir haben wieder ein paar Expert*innenrunden und Wissensevents geplant. Auf jeden Fall ist geplant, dass wir mit der AG Mind your Health ein Treffen organisieren. Die Gruppe beschäftigt sich mit mentaler Gesundheit im Studium und Beruf. Dieses Jahr wollen wir unser Spektrum erweitern: Wie hängen Nachhaltigkeit und planetare Gesundheit mit Ernährung zusammen, wie hängt mentale Gesundheit mit Ernährung zusammen, wie kann man da vielleicht Leute auch noch aus einer anderen Perspektive catchen.
Julius: Spannend. Und wenn jetzt, sagen wir mal konkret für München, Leser*innen Interesse an der Gruppe haben, wie kommen die am besten an Euch ran?
Lukas: Am besten per Mail. Das gleiche gilt auch für viele andere Städte. Schaut da gerne einfach auf der Homepage von PAN vorbei. Das nächste Treffen in München wird das Semester-Opening-Treffen am 24. April sein. Da stellen wir nochmal vor, was wir so machen. Wir würden uns sehr freuen, neue Gesichter zu begrüßen!
Die Homepage von PAN: https://pan-int.org/
Gesundheit braucht Politik. Zeitschrift für eine soziale Medizin, Schwerpunkt: Ernährung und Gesundheit, Nr. 1, März 2023