Liebe Leser*innen,
Wir widmen uns in dieser Ausgabe der GbP dem allzeit präsenten Thema Ernährung und Gesundheit. Einerseits können wir uns selbst als Individuen dem Thema und all den täglichen Entscheidungen darüber nicht entziehen. Andererseits geht es dabei auch um größere gesellschaftspolitische Fragen wie Ressourcenknappheit, Menschenrechte, unser Umgang mit Tieren, Ökologie, Industrialisierung, Herrschaftsverhältnisse und Kapitalismus.
Wir beginnen deshalb explizit mit dem Text von Friedrich Schorb, der in seinem Text »Du bist, was du isst« den Zusammenhang zwischen Ernährung, Gesundheit und sozialem Status thematisiert. In die gleiche Richtung argumentiert ein Text der Heinrich-Böll-Stiftung »Wer schlecht isst, ist nicht selber schuld«, der den Bezug zwischen Armut und (un-)ausgewogener Ernährung verdeutlicht. Jonas Schaffrath beschreibt in: »Schluss mit spannender Zielgruppe?« über Lebensmittel für Kinder, wie die Industrie ihre zukünftigen Kund*innen mit Werbung konditioniert. Und Bernhard Winter zeigt in seinem Text »Babykiller« am Beispiel des schon Jahrzehnte währenden Skandals um Nestlé, wie schon die werdenden Mütter von Muttermilchersatzprodukte überzeugt werden sollen.
Der Text »Das Geschäft mit dem Essen« zeigt auf, wie das Machtungleichgewicht zwischen großen Konzernen, Kleinbäuer*innen und Konsument*innen Fehlernährung fördert. Ruth Kries erläutert in ihrem Artikel: »Wenn das Wasser zur Ware wird« die Zusammenhänge der Diktatur von Pinochet in Chile und der jetzigen Wasserkrise – und warum das Problem schon lange vor Avocado-Plantagen begann. Martin Rücker kritisiert die Fehlversorgung mangelernährter Patient*innen in deutschen Kliniken und zeigt, wie das Essen im ökonomisierten Krankenhaus dazu beiträgt. Vertreter*innen von PAN (Physicians Assosication for Nutrition) stellen in einem Interview ihre Gruppe und deren Organisationsstruktur und Zielsetzungen vor.
Peter Bierl legt in »Braunes Gemüse« dar, dass die Forderung nach gesundem Essen keineswegs ein Monopol linker Bewegungen ist und zeigt die esoterischen und völkischen Wurzeln der ökologischen Landwirtschaft. Auch die vegane Lebensweise erfreut sich zunehmend größerer Beliebtheit und damit auch der politische Veganismus. Manche Personen leben aus völlig unpolitischen Gründen vegan, andere verfolgen damit eine politische Agenda. Aber was ist der politische Veganismus? Und ist er notwendig links? Es gibt zunehmend (umstrittene) Kritiken von Autor*innen wie z.B. Mira Landwehr, die großen Teilen der veganen Bewegung eine gefährliche Nähe zu rechtslastigem oder mindestens antihumanem Denken vorwirft. Weiterhin gibt es auch innerhalb des politischen Veganismus und der Tierrechtsbewegung Diskrepanzen. In dem Artikel »Erdbeeren müssen nicht weinen« kritisiert Maximilian Schulz Bewegungen wie die »Animal Rebellion« und deren Gleichsetzung von Tier- und Menschenleid. Immer wieder wird aus linken Reihen die Kritik an System, Kapitalismus und den Produktionsverhältnissen im politischen Veganismus vermisst. Christian Stache gibt hierzu im Artikel »Für einen »Veganismus der Massen«« einen Überblick über die Strömungen im politischen Veganismus und bei Tierrechtsorganisationen.
Kai Uwe Helmers rezensiert das Buch »Die ärztliche Diagnose. Erfahrung – Evidenz – Ritual« von Donner-Banzhoff. In unserer Rubrik »Internationales« schauen wir in diesem Heft nach Spanien und den aktuellen Protesten gegen ein kaputtgespartes Gesundheitssystem sowie nach Großbritannien und die aktuellen Neuigkeiten des ausgedehnten Streiks der Gesundheitsmitarbeiter*innen dort. Des Weiteren gibt es – wie gewohnt – in der Rubrik Sehen-Hören-Lesen Empfehlungen zu interessanten Themen oder weiterführender Literatur.
Neues Layout
Wie Ihr sicher bemerkt habt, haben wir das Design der Zeitschrift überarbeitet. Das Layout, wie Ihr es in dieser Ausgabe vorfindet, sehen wir noch nicht als endgültig an, sondern wir werden weiter daran arbeiten. Wir hoffen, dass Euch unsere ersten Schritte zum neuen Aussehen gefallen und freuen uns über konstruktive Kritik (Mail: redaktion(at)vdaeae.de). Spätestens mit Ausgabe 3 dieses Jahres werden wir Euch noch mal konkret befragen, wie Euch die Änderungen gefallen und ob Ihr noch Vorschläge habt.
Eure Redaktion
(Gesundheit braucht Politik. Zeitschrift für eine soziale Medizin, Schwerpunkt: Ernährung und Gesundheit, Nr. 1, März 2023)